Wie Düfte Gehirn und Gefühl steuern

Eine Reise durch unser olfaktorisches Universum

Unser Geruchssinn ist ein faszinierendes Universum und wird oft unterschätzt. Er ist der älteste Sinn und direkt verbunden mit dem Teil des Gehirns, in dem die Gefühle entstehen. Erlebnisse und Gefühle, die mit einem Geruch verbunden sind, prägen sich wesentlich tiefer in unsere Erinnerung ein als alles, was wir hören oder sehen.

Denken wir nur an den Geruch von alten benutzen Schulbüchern, Heften, Tafelschwamm oder Linoleum Böden in Schulgängen. Sofort taucht die eigene Kindheit vor dem inneren Auge auf. Oder betreten wir ein vertrautes Haus, riechen wir förmlich, dass wir zu diesem Ort eine enge Bindung haben. Der Geruch von Orangen macht uns augenblicklich fröhlicher, der Duft von Bergamotte schlauer und der von Vanille satter. Wieso ist das so und wie können wir diese Phänomene nutzen?

Der Weg der Düfte ins Gehirn

Noch bevor wir das Licht der Welt erblicken, beginnt bereits im Mutterleib der Geruchssinn zu arbeiten. Das Ungeborene im Mutterleib kann Aromen wahrnehmen und speichert sie direkt im limbischen System ab. Das limbische System ist ein komplexes Areal unseres Gehirns, das für die Steuerung unserer Emotionen, unseres Verhaltens, des Lernens und Erinnerns zuständig ist. Die Speicherung von Geruchseindrücken im limbischen System erfolgt ohne Filter durch die Großhirnrinde – also quasi direkt. Dieser Prozess prägt nicht nur die sensorische Wahrnehmung des Ungeborenen, sondern kann auch dessen zukünftige Vorlieben und Abneigungen gegenüber bestimmten Gerüchen beeinflussen. Ist der Säugling dann auf der Welt, orientiert er sich zu Beginn sehr stark über Gerüche. Vor allem die Bindung an die Mutter wird von Düften gesteuert. Beim Stillen spielt der Geruch der Muttermilch ebenfalls eine große Rolle für die Stimulation der Saugreflexe.

Diese enge Verknüpfung von Duftwahrnehmung und limbischem System erklärt zum Teil auch, warum bestimmte Gerüche bei uns starke emotionale Reaktionen und Erinnerungen hervorrufen können.

Düfte in unserem Alltag

Aus der Aromatherapie kennen wir viele Phänomene, die wir bewusst nutzen. Düfte wie Lavendel oder Zitrusfrüchte können dazu beitragen, Stress abzubauen und die Stimmung zu verbessern. Wollen wir Heißhunger auf Süßes vertreiben, sollten wir an einer Vanilleschote schnuppern. Sind wir unkonzentriert und müde, hilft uns der Duft von Rosmarin und Bergamotte.

Richten wir die chemische Lupe auf diese Phänomene können wir die einzeln beschriebenen Wirkungen an bestimmten Inhaltstoffen der Düfte festmachen. Die meisten Düfte mit denen wir im normalen Leben konfrontiert werden, sind aber keine chemisch reinen Einzelsubstanzen, sondern Mischungen aus sehr vielen Komponenten. So bestehen Blumendüfte meist aus mehreren hundert Einzelkomponenten. Wie können wir nun verschiedene Düfte unterscheiden?

Wir besitzen ca. 350 verschiedene Typen von Riechzellen. Riechzellen unterscheiden einzelne Düfte, indem sie spezielle Rezeptoren auf ihrer Oberfläche haben, die auf bestimmte Duftmoleküle reagieren. Jeder Duftstoff aktiviert eine einzigartige Kombination von Rezeptoren, was dem Gehirn ermöglicht, verschiedene Gerüche zu erkennen und voneinander zu unterscheiden. Haben wir einen Duft einmal gelernt, so können wir ohne weiteres einen Teil der Information weglassen und werden so den Duft trotzdem wiedererkennen. Also ein künstlicher Rosenduft wird schon als Rosenduft erkannt – aber es riecht eben nur „irgendwie nach Rose“.

Was aber besonders bemerkenswert ist, ist die Tatsache dass Duftstoffe die erforschten Wirkungen auslösen können, wenn sie aus natürlichen Aromen wie z.B. naturreinen ätherischen Ölen stammen, nicht aber, wenn dieselben Duftstoffe künstlich nachgebaut werden. Es  liegt auch eine Untersuchung vor, die zeigen will, dass es nicht nur um das „Andocken“ eines Geruchstoffes an die Nasenschleimhaut geht, sondern auch darum, dass der Geruch wahrgenommen wird. Anders ausgedrückt: riecht jemand ohne ausgeprägtem Geruchsinn an einem Duft, dann docken die Moleküle zwar an seiner Nasenschleimhaut an, es kommt aber zu keiner Wirkung, weil der Geruch nicht wahrgenommen wird. (Hideko Kashiwadani, jap. Forscher, Univ. Kagoshima)

Wie genau das Stillen des Heißhungers durch Vanillearomen bewirkt wird, gibt noch einige Rätsel auf. Eine mögliche Erklärung ist, dass Vanille auch in Schokolade vorkommt und deshalb über das Riechen eine gewisse Sättigung erzeugt. Vanilleartige Aromen sind aber auch in der Muttermilch nachzuweisen, weshalb Vanille auch für ein „psychosomatisches Sättigen“ sorgen könnte.

Mit dem Wissen rund um die Wirkung von Düften werden diese heute in Shoppingcentern,  an Arbeitsplätzen, in Sportstätten, Arztpraxen u.v.m. eingesetzt, um über den Geruchsinn auf unsere Stimmung und Handlungen einzuwirken. Was vielleicht dem Einen oder Anderen unter uns als manipulative Technik erscheint, birgt auch viele positive Einsatzmöglichkeiten. Auf eine davon wollen wir näher eingehen.

Wie Düfte beim Lernen helfen

Der Endspurt zum Schulschluss beginnt gerade und vielleicht können wir mit den folgenden Zeilen den Lerngeplagten ein wenig unter die Arme greifen. Denn, wenn wir den Zusammenhang von Gerüchen  und gespeicherten Gedächtnisinhalten verstehen, können wir uns den direkten Draht von Gerüchen/Düften zu unserem Gehirn zu Nutze machen. Wie geht das?

Riechen wir einen Duft, werden gleichzeitig mit dieser Wahrnehmung  unzählige momentane Sinneseindrücke und Begleitinformationen im Gehirn abgespeichert. Ist eine solche Begleitinformation z.B. ein Vokabel das gerade gelernt wird, oder ein Text der auswendig sitzen soll, verknüpfen wir das mit dem wahrgenommenen Duft. Das geschieht ganz ohne unser bewusstes Zutun. Die Erinnerung an den Duft und die gleichzeitig gelernten Vokabel sind nun in unserem Gedächtnis gemeinsam abgespeichert. Nehmen wir zu einem späteren Zeitpunkt diesen Geruch erneut war, liefert uns unser Gehirn sämtliche Informationen die unter derselben „Aktenzahl“ abgespeichert sind rasch wieder. Die Darstellung dieser Abläufe ist hier etwas vereinfacht und berücksichtigt nicht die Einflüsse, die ebenfalls auf unser Lernen einwirken. Es zeigt aber dennoch sehr gut, wie uns Düfte beim Lernen unterstützen können und das nachweislich auch tun.

Sieh dir dazu auch unseren Raumduft Geistesblitz an

Einige ätherische Öle für den Alltag

Zum Lernen und am Arbeitsplatz: Lavendel, Limette, Zitrone, Orange, Mandarine, Bergamottminze, Grapefruit, Rosmarin

Im Wartezimmer oder vor Arztbesuchen: Lavendel, Orange, Benzoe, Zeder, Bergamotte, Palmarosa

In Ruheräumen und Schlafzimmern: Zirbe, Lavendel, Rose, Rosengeranie,  Ylang Ylang, Vanille